1871
entstand nach dem Konzept des Schiffbauingenieurs Carl Ferdinand Steinhaus der
erste effiziente Eisbrecher auf einer Hamburger Werft. Anlass war die
erhebliche Vereisung der Elbe und im Hamburger Hafen im Winter 1870/71, die den
Betrieb des Hafens zum Erliegen brachte. Das 600 PS starke Dampfschiff
Eisbrecher No.1 wurde zum Prototyp des deutschen Hafen- und Küsteneisbrechers.
Jens Brand stellt den Lesern Geschichte und Einsatz der Hamburger Eisbrecher im
Hafen und auf der Elbe von den Anfängen bis heute vor.
Bereits seit
Anfang des 19. Jahrhunderts gab es Bemühungen, vereiste Wasserstraßen durch den
Einsatz von Dampfschiffen schiffbar zu machen. So wurde bereits 1837 mit
speziellen Raddampfern von der amerikanischen Hafenstadt Philadelphia gegen das
Eis auf dem Delaware River gekämpft – mit mäßigem Erfolg. Auch gepanzerte
Kriegsschiffe waren aber nur wenig effektiv und vor allem wegen ihrer Größe in
engen Hafen- oder Flussgewässern nur bedingt einsetzbar. Das Konzept von Steinhaus
folgte ganz neuen Überlegungen. So erhielt das Schiff einen parabelförmig
auflaufenden Kiel, sodass er sich bei voller Maschinenleistung auf das Eis
schob, bis es durch das Gewicht des Schiffes brach. Die Spantenform war so
gewählt, dass der Rumpf nicht vom Eis zusammengepresst werden konnte. Für eine
gute Manövrierfähigkeit war der Eisbrecher mit einem Breiten-Längen-Verhältnis
von 1 : 4 recht kompakt gebaut. Überhaupt galt die Regel, dass möglichst viel
Power in möglichst wenig Schiffsgröße gepackt wird und diesem Anspruch wurde
das rund 328 BRT große Schiff das knapp 600 PS auf die Schraube brachte, für
damalige Zeiten durchaus gerecht.
Eisbekämpfung mit Axt und Säge
Bereits 1895
waren in Deutschland insgesamt 34 Eisbrecher, davon viele nach dem Steinhaus-Konzept
unterwegs. 16 dieser Spezialschiffe fuhren auf der Elbe, davon sieben in
Hamburger und 9 in Diensten der Elbstromverwaltung. Allein diese Zahlen zeigen,
welche Bedeutung der ständigen Befahrbarkeit von Wasserstraßen mit der
Industrialisierung zukam. Welchen Durchbruch das Eisbrecherkonzept des
Hamburger Ingenieurs in diesem Zusammenhang darstellte, lässt sich bei der
Lektüre des Kapitels Die Anfänge des
Eisbrechwesens nachvollziehen. Immer wieder entstanden im Hamburger Hafen
große Eisschäden an Hafenanlegen, Deichen, Pontons, Dalben oder Brücken. 1839
wurden sogar sämtliche Pfahlwerke durch das Eis zerstört, was den Senat zu
verstärkten Anstrengungen bei der Eisbekämpfung veranlasste. Als Werkzeuge
standen damals vor allem Sägen, Äxte, Brechstangen, sogenannte Eisewer oder
Eisschuten zur Verfügung, letztere wurden von 8 bis 16 Mann auf das Eis
gezogen, um es durch das Gewicht der stabilen boots- oder schutenförmigen
Schlitten zu brechen. Auch mit Sprengungen versuchte man den Eismassen, insbesondere
den sich zu Barrieren auftürmenden Eisschollen beizukommen, allerdings war
dieses Verfahren selbst nicht ohne Risiko für die zu schützenden
Wasserbauwerke.
Spezialschiffe mit Zusatzaufgaben
Lange waren
die ersten Dampfeisbrecher des Hamburger Ingenieurs in Betrieb, Der erste
Dampfeisbrecher mit dem Namen Hofe beispielsweise wurde nach seiner
Neumotorisierung 1951 erst 1978 stillgelegt, immerhin 100 Jahre nach seiner
Indienststellung. Natürlich entwickelten sich die Eisbrecher weiter, neue
moderne Antriebskonzepte wurden eingeführt, Verbesserungen getestet und die
milderen Winter führten dazu, dass an die Spezialschiffe auch weitere
Anforderungen, wie beispielsweise der Schlepperbetrieb, gestellt wurden, um die
ganzjährige Auslastung zu gewährleisten. Das Grundkonzept von Steinhaus für
effektive Eisbrecher gilt aber nach wie vor und ist längst internationaler
Standard. In seinem Buch Eisbrecher in Hamburg beschreibt Jens Bald die
Geschichte und Nutzungskonzepte jedes dieser Schiffe in Zusammenhang mit der
Entwicklung des Hamburger Eisbrecherwesens. Im letzten Kapitel schließlich
präsentiert er die Hamburger Eisbrecher von der No. I von 1871 bis zur 2017
gebauten Hugo Lenz in Zahlen, Plänen und Bildern.
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