Das Logbuch
des Abel Janszoon Tasman
Wenn von den
großen Entdeckern die Rede ist, fällt sicherlich nicht als erstes der Name Abel
Janszoon Tasman. Dabei ist sein Beitrag zur europäischen Entdeckungsgeschichte
enorm. Immerhin stieß er auf die später nach ihm genannte Insel an der
Südostecke Australiens, entdeckte als erster Europäer Neuseeland, die Tonga-
und die Fidschi-Inseln und kartographierte die Nord- und einen Teil der Westküste (insgesamt rund 4.000 Kilometer) des
damals in seinen Ausmaßen noch unbekannten Kontinents Australien. Das Buch „Die
Entdeckung Neuseelands“ präsentiert neben dem Logbuch der ersten großen Entdeckungsreise
Tasmans (1642-1643) auch den historischen Kontext und Informationen zur Person
des Entdeckers und seines Navigators Visscher.
In seiner
Einführung gibt der Journalist und Herausgeber Egon Larsen einen Abriss der
europäischen Enddeckungsgeschichte bis zu dem Zeitpunkt, da die Holländer den
europäischen Handel in Indonesien und Ostasien kontrollieren. Dann betritt mit
dem Abschnitt „Tasman wird Seefahrer“ der Protagonist des Buches in den
Mittelpunkt der Betrachtungen. In den historischen Quellen taucht Abel Janszoon
Tasman erstmals 1631 im Amsterdamer Heiratsregister auf, als 28 jähriger Seemann.
Sein weiterer Lebenslauf ergibt sich vor allem aus den Dienstakten der Vereinigten
Ostindischen Kompagnie (V.O.C). Aufschluss über seinen Charakter und seine
Persönlichkeit geben diese jedoch nur bedingt.
Die Ansprüche der Krämerseelen
Bevor der
Leser in den Genuss der Lektüre von Tasmans Journal kommt, liefert Larsen
interessante Informationen über die Hintergründe und Intention des
Forschungsauftrags. Demnach schickten der Gouverneur van Diemen und die
Ratsherren von Batavia den Seefahrer in Richtung Osten, in der Hoffnung, er
würde bei seinen Erkundungen einen kurzen Seeweg zum „Goldland Chile“ finden.
Die Herrschaften der V.O.C. hatten, wie die Auszüge aus den Instruktionen an
Tasman zeigen, vor allem Interesse an der Entdeckung von >>reichhaltigen
Minen mit Edel- und anderen Metallen sowie Naturschätzen aller Art …<<.
Und sie formulierten die zuversichtliche Erwartung, das sich die Investitionen
in die Expedition >> in Form von materiellem Gewinn und unsterblichen
Ruhm bezahlt machen werde <<.
Kein Gewinn kein unsterblicher Ruhm
Der
materielle Gewinn blieb aus und damit auch der erwartete unsterbliche Ruhm.
Jedenfalls verschwanden, wie man heute sagen würde, die Ergebnisse der
Expedition für lange Zeit in den Schubladen. Heute sind Tasmans Aufzeichnungen
seiner ersten großen Expedition (die der Zweiten, wirtschaftlich ebenso
erfolglos, sind verschollen) in verschiedener Hinsicht interessant und
lesenswert. Das beginnt bereits mit der ungewöhnlichen Kurswahl. Statt nach
Osten, segelte die aus zwei Schiffen (Heemskerk und Zeehaen) bestehende Flotte
auf Anraten des Navigators Frans Jacobszoon Visscher zunächst nach Mauritius. Dieser
einzige holländische Flottenstützpunkt im indischen Ozean lag immerhin rund
6.000 Kilometer in der falschen Richtung.
Tasman im Vergleich zu zeitgenössischen Kollegen
Wer den
Reisebericht des Kapitäns Bontekoe gelesen hat, der 1619 auf seinem Weg nach
Batavia Schiffbruch erlitten hatte, dem werden große Unterschiede im Duktus und
Charakter der Seefahrer auffallen. Tasman bedient sich im Gegensatz zu Bontekoe
einer klaren, unverschnörkelten Sprache, was allerdings auch der zweifachen
Übersetzung geschuldet sein kann. Tasmaniens Journal ist mehrfach in englischer
Übersetzung publiziert worden und eine dieser Übersetzungen hat Larsen für sein
Buch ins Deutsche übertragen. Aussagekräftiger ist daher sicherlich die Tatsache,
dass sich Tasman in seinen Ausführungen, an denen auch Visscher und der Kapitän
der Zeehaen beteiligt waren, nicht sonderlich in den Vordergrund drängte.
Während Bontekoe doch eine gewisse selbstgerechte Überheblichkeit durchscheinen
lässt, präsentiert sich Tasman eher als Teamplayer. Das entspricht durchaus dem
holländischen Brauch im 17. Jahrhundert, nicht dem kommandierenden Kapitän die
absolute Befehlsgewalt zu überlassen, sondern Entscheidungen einem
Beratungsgremium aus den Offizieren und Unteroffizieren (und bei Handelsschiffen
dem jeweiligen Kaufmann beziehungsweise Vertreter der V.O.C.) unter dem Vorsitz
des Kommandeurs zu überlassen.
Eine interessante Persönlichkeit
Bei Bontekoe
führte das zu häufigen Unstimmigkeiten an Bord, bei der Tasmanexpedition ist
davon nichts zu spüren. Dafür bekommt der Leser bei der Lektüre des Logbuchs
einen hervorragenden Eindruck über die Bedingungen, Grundlagen und Gedankengänge,
von denen die Entscheidungen geprägt wurden. Da spielten die Windverhältnisse
eine ebenso große Rolle, wie das Verhalten der indigenen Bevölkerung deren
Einschätzung alles andere als einfach war. Es ist eines der interessantesten
und aufschlussreichsten Logbücher, das aus dieser Zeit erhalten ist und Tasman
erscheint dabei als einer der fähigsten, umsichtigsten und
verantwortungsvollsten, wenn auch aus Sicht der Auftraggeber erfolglosesten,
Entdeckungsreisenden der frühen Neuzeit.
In seinem
Nachwort geht Egon Larsen auf die Reaktion der V.O.C. auf die Ergebnisse der
Expedition, auf die zweite Erkundungsfahrt im Auftrag der Kompagnie und auf das
weitere Leben des Seefahrers bis zu seinem Tod 1659 in Batavia ein. Immerhin
fand mit dem Eingang von Tasmans Entdeckungen in Bleus große Weltkarte von 1662
wenigstens eine gewisse Würdigung der Leistungen Tasmans statt. Die waren
übrigens die kartographische Grundlage für seine berühmten Nachfolger des 18.
Jahrhunderts, allen voran James Cook. Zum Abschluss seines Buches schildert
Larsen schließlich in einem kurzen Abriss die Entwicklungen der von Tasman
entdeckten Inseln und Gebiete sowie des niederländischen Indonesien bis in die
heutige Zeit.
Egon
Larsen (Hrsg,): Abel Janszoon Tasman. Die Entdeckung Neuseelands, Tasmaniens
und der Tonga- und Fidschi-Inseln.
Edition Erdmann 2012. Gebunden mit Schutzumschlag, 237 Seiten.
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