Mit seinen
Entdeckungsreisen hat Henry Hudson die Grundlage für die Gründung Nieuw
Amsterdams und die mächtige Hudson Bay Companie gelegt. Dennoch ist über die
Person des vermutlich englischstämmigen Seefahrers kaum etwas bekannt. Selbst
die Berichte über seine vier Expeditionen zur Suche nördlicher Passagen nach Asien
stammen nur teilweise aus seiner Feder. Und so beginnen die schriftlichen
Dokumente von und über Henry Hudson im Jahre 1607 mit seiner ersten Reise im
Dienste der englischen Muscovy Company.
1611 enden die Lebensspuren des Seefahrers mit der Meuterei, bei der Hudson
zusammen mit loyalen Mannschaftsmitgliedern und einem seiner Söhne in der
Hudson Bay in einem Boot ausgesetzt wurden. Vier
Entdeckungsreisen zum Polarmeer geben die Originalberichte der Reisen erstmals
in Deutscher Übertragung wieder.
Gerade vor diesem Hintergrund ist das Vorwort von Andreas Obenaus von besonderem Interesse. Hier erfährt der Leser nicht nur einen Abriss der Geschichte der frühen englischen Atlantikerkundungen und der Suche einer nördlichen Passage nach Asien. Hier werden auch die Reisen Hudsons beschrieben, die nicht an die nordamerikanische Atlantikküste führten. So führte die Route der ersten Reise 1607 im Auftrag der Muscovy Company über die Shetlands nach Grönland, dann Richtung Nordost nach Spitzbergen und schließlich auf dem Rückweg an der Bäreninsel und den Faröer vorbei zurück nach England.
Hudson auf der Suche nach der
Nordostpassage
Auch die
zweite Reise, ebenfalls im Auftrag der Muscovy
Company, deren Interessen neben dem Seeweg nach Asien in Handelsbeziehungen
mit Russland lagen, führten Hudson mit seinem 40 Tonnen-Schiffchen Hope-well und einem guten Dutzend Besatzung
nach Nordosten. Ziel war es nun, eine eisfreie Passage zwischen Spitzbergen und
Nowaja Semlja zu finden. Die Expedition blieb auch diesmal erfolglos. Und hatte
man 1607 immerhin den 80sten Breitengrad erreicht, kam Hudson 1608 über 75°
nördlicher Breite nicht hinaus. Hudson musste sich für seine Expeditionen notgedrungen
neue Finanziers suchen. Die fand er schließlich 1609 in der Vereinigten Ostindischen Kompagnie, die
ihn damit beauftragte, wiederum eine Nordostpassage über Nowaja Semlja zu erforschen.
Hudsons Drang nach Westen
Dichtes
Treibeis machte auch diesen Versuch zunichte und Hudson entschloss sich gegen
den Vertrag nun den Atlantik zu überqueren. Hier segelte er die amerikanische
Küste Richtung Süden ab, bis er die Mündung des nach ihm benannten Hudsonriver
erreichte und diesen auf einer Länge von rund 250 Kilometern erkundete, bevor
er statt nach Holland, nach England zurückkehrte. 1610 fanden sich hier in Form
führender Mitglieder der East India
Company neue Investoren, mit denen Hudson sich auf die Suche nach einer
Nordostpassage einigte. Hudson sollte an den Entdeckungen des Engländers John
Davis anknüpfen, der 1585 bis 1587 die Region um Grönland, den Cumberland Sound
der Baffininsel, die Davisstraße und nicht zuletzt die Baffin Bay erforschte.
Ausgesetzt und verschollen: Henry Hudsons
letzte Reise
Hudson
steuerte die Meeresenge (heute Hudsonstraße) zwischen der Baffininsel und
Labrador an und erreichte die nach ihm benannte Bucht. Nach einer Überwinterung
kam es schließlich im Juni 1611 zu der folgenschweren Meuterei. Tatsächlich
schien Hudson, wenn man den
Reiseberichten Glauben schenkt, bereits auf den ersten Reisen Schwierigkeiten
mit der Mannschaft gehabt zu haben. Und so ist die Lektüre der Originalberichte
eine wenn auch von verschiedenen Interessen geprägte und subjektiv gefärbte
Quelle, die nicht nur Aufschluss über die Schwierigkeiten der Navigation und
den harten natürlichen Bedingungen gibt. Der Leser bekommt auch ein Gefühl für
die fragilen Machtverhältnisse und Intrigen an Bord der Schiffe jener Zeit. Die
Rolle des Kapitäns als „Master next God“ ist in den ersten Jahrhunderten des europäischen
Zeitalters der Entdeckungen noch längst nicht Realität.
Reiseberichte und historischer Krimi
Die in Vier Entdeckungsreisen zum Polarmeer
publizierten Reiseberichte stellen sowohl vor dem Hintergrund der zahlreichen
Verfasser als auch der Meuterei und ihrer Darstellung durch die Überlebenden
ein recht ungewöhnliches Zeitdokument dar. Insofern ist die Lektüre neben den
interessanten maritimen Aspekten auch so etwas wie ein historischer Krimi, in
dem Zeugen, Täter und Betroffene zu Wort kommen.
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