Montag, 28. März 2016

Seemannsgarn

Geschichten rund ums Meer

Mit dem Buch Seemannsgarn hat sich der Autor und Kabarettist Bernd Gieseking einen Traum erfüllt: Die literarische Manifestation seiner Sehnsucht nach dem Meer. Das von Uta Fischer liebevoll illustrierte Werk ist ein Vorlesebuch für die ganze Familie, entsprechend einfach, gelegentlich aber auch tiefsinnig sind die Geschichten gestrickt.

Gieseking unternimmt mit dem Leser Reisen zu den Inuit, in die Tiefen der See, unter das arktische Eis oder die relativen Weiten des Maschsees in Hannover. Selbst in der kleinsten Pfütze, so veranschaulicht die Geschichte vom kleinen Hinnerk und seinem Walnussboot lassen sich Seeabenteuer erleben, die mit etwas Phantasie einen Vergleich mit den klassischen Meeresabenteurern Daniel Defoes, Hermann Melvilles oder Robert Louis Stevenson nicht zu scheuen brauchen. Dem Leser begegnet natürlich auch der Klabautermann, die kleine Meerjungfrau und diverse Seemannsgarnstricker. Allen voran Oma Küste, der alte Segelmacher oder Hein, Fiete und Kuddel.

Kindheitserinnerungen

Es ist eine bunte Mischung aus Märchen, Naturgeschichten, „Selbsterlebtem“ und Gedichten, die der Autor seinen Lesern präsentiert. Und es ist kein Zufall, dass dieser das eine oder andere Mal an Käptn Blaubär erinnert wird. Im Leser, der selbst eine große Affinität zur See hat, werden immer wieder Erinnerungen wach. Erinnerungen an die Lieblingsbücher und -geschichten seiner Kindheit und Jugend, an die Träume von Ferne und Abenteuer, die ihn bei einem Besuch an der Küste überkamen, an die Reisen, die sein Holzschiffchen an heißen Sommertagen am Ufer des kleinen Badesees unternommen hatte und vieles andere mehr, das geistige Landratten bestenfalls erahnen können.

Literarische Entschleunigung

Es ist ein nettes Buch und es ist ein Buch, das seine Zeit braucht. Literarische Entschleunigung trifft das Gefühl, das einem bei der Lektüre kommen kann, vielleicht am besten. Denn, wie bei Erzählungen Garn spinnender Seeleute und Großmütter üblich, brauchen die meist eine Weile, bis beispielsweise Verwandtschaftsverhältnisse des Abenteurers geklärt oder die Vorgeschichte des eigentlichen Ereignisses in aller Breite ausgerollt ist. Und wenn Hein Unglaubliches erzählt, Fiete immer wieder routinemäßig „Ist nicht wahr!“ einwirft, Kuddel  ergänzt „kaum zu glauben!“ und Hein versichert „war aber so!“, dann fühlt sich der Leser als Lauscher in eine gemütliche Hafenkneipe versetzt.

Bernd Gieseking: Seemannsgarn. Geschichten Rund ums Meer. Lappan 2016. Gebunden, 173 Seiten.

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