Als Hamburg
dieses Jahr den 826sten Hafengeburtstag feierte, haben wieder unzählige
Journalisten farbenprächtige Fotos und Videos des spektakulären Ereignisses in
der ganzen Welt verbreitet. Die wunderschöne Cap San Diego, das einzig
überlebende der sechs spektakulären Schiffe der „Cap San“ Serie die die
Reederei Hamburg Süd Anfang der sechziger Jahre in Betrieb nahm, ist natürlich
auch wieder dabei. Auf den Schwarz-Weiß-Bildern aus dem Hamburger Hafen in den
1950er und 1960er Jahre des Fotografen Walter Lüden, die der Bildband
„Menschen, Schiffe Ladungen“ präsentiert, sucht der Betrachter einen der „weißen
Schwäne des Südatlantik“ vergeblich. Dafür spiegelt sich in den ausgewählten
Aufnahmen das ganze Spektrum des konventionellen Stückgutumschlags der die
Seefahrt der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts prägte.
Rund 30.000 Fotos
hatte der Herausgeber zur Auswahl, knapp 90 haben Eingang in den fünften Bildband
der Serie „Schifffahrt und Fotografie“ des Deutschen Schiffahrtsmuseums gefunden.
Optisch dicht, ausdrucksstark und von hervorragender technischer aber auch
dokumentarischer Qualität sind die Bilder, deren jedes den Betrachter zum Verweilen
(und je nach Alter) zum Erinnern einlädt. Zeitungen, Zeitschriften, Werften
oder Reedereien gehörten zu den Auftraggebern von Walter Lüden (*1914 – Ɨ 1996),
„Hamburgs Hafenfotografen Nummer 1“, als den ihn das Hamburger Abendblatt
anlässlich seines 50. Geburtstags im Jahre 1964 bezeichnete. Wer die Bilder vom
emsigen Hafengeschehen, alten und damals hochmodernen Schiffen und
Ladeeinrichtungen, den Menschen und ihrer Arbeit anschaut, ahnt durchaus, warum
den ehemaligen Hobbyfotografen dieser Ehrentitel verliehen wurde.
Zwischen
Kunst und Dokumentation
Es sind
nicht nur die vergangenen Welten, die hier dokumentiert werden, sondern vor
allem die Perspektive und die technische Umsetzung, die den Betrachter
faszinieren. Wer selbst noch mit mechanischen Kameras, schwarz-weiß Filmen und
heimischem Fotolabor gearbeitet hat, weiß, welche kreative und fachliche
Leistung hinter den hervorragenden Bildern steckt. Scheinbar mühelos meistert
Lüden Probleme der Tiefenschärfe und dem geübten Auge deutlich erkennbare Herausforderungen
durch die Lichtverhältnisse, ein perfektes Zusammenspiel zwischen genialer Standortwahl,
gekonnter Aufnahme und Labortechnik. Es sind somit bewusst manipulierte Bilder,
mit denen Walter Lüden fotografische Aussagen zum Hafengeschehen trifft. Denn seine
Fotografien vermitteln Eindrücke und Informationen gleichermaßen, sind in ihrer
Perspektive und Auswahl konstruiert. Die kurzen, knackigen Bildunterschriften
weisen jeweils darauf hin.
Vergangene
Welten
„Menschen,
Schiffe, Ladungen“ ist ein seefahrts- und fotografiegeschichtliches Dokument,
das in beiden Fällen eine Welt zeigt, die vor noch gar nicht allzu langer Zeit
vergangen ist. Der konventionelle Stückgutumschlag ist den Containerterminals
gewichen, damals hochmoderne Stückgutmultitalente wie die Cap San Diego waren
kaum 10 Jahre nach ihrer Indienststellung gegenüber den aufkommenden Containerspezialisten
kaum noch wettbewerbsfähig und in der Fotographie geht heute ohne Farbe,
Fotoshop und Digitalkamera kaum noch etwas.
Kaum 100
Seiten, rund 90 Aufnahmen laden zum Genießen und Nachdenken ein. Ein Buch, das
sich immer wieder lohnt in die Hand zu nehmen und dabei Neues zu entdecken.
Entgegen dem Untertitel des Buches sollte sich der Leser aber im Klaren darüber
sein, dass hier in Wirklichkeit ein Portrait der 50er Jahre gezeichnet wird. Gerade
einmal acht Fotos vom Anfang der sechziger Jahre rechtfertigen meines Erachtens
nicht die Aufnahme dieses Jahrzehnts in den Titel.
Klaus-Peter
Kiedel (Hrsg.): Menschen, Schiffe, Ladungen. Mit dem Fotografen Walter Lüden im
Hamburger Hafen in den 1950er und 1960er Jahren. Deutsches Schiffahrtsmuseum/ Oceanum
Verlag, 2015. Gebunden, 96 Seiten.
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