Sonntag, 29. Januar 2017

Das havarierte Gewissen

Eine norddeutsche Novelle

Ein Sommermorgen an der Elbmündung im Jahre 1925. In Fritjof Dieken kommen bei der Kontrolle seiner Reusen Erinnerungen hoch. Angenehme und wehmütige Erinnerungen an seinen Stiefvater Otto sind es, der eine Woche zuvor verstorben war und ihm das Gasthaus des Ortes hinterlassen hatte. Am Ende aber drängen nicht nur Kindheitserinnerungen an die Oberfläche. Ein denkwürdiges Ereignis des Jahres 1891 wird mit dem Ableben Ottos wieder lebendig und stellt Fritjof vor eine Lebensentscheidung.

Schiffbruch, Naturgewalten und echte Typen

Die Novelle von Matthias Schneider-Dominco greift den Schiffbruch des englischen Frachtdampfers „Kaffraria“ vor Otterndorf auf. Das Schiff war dem Jahrhundertwinter des Jahres 1891 zum Opfer gefallen. Bei dem Versuch, die Ladung zu bergen kam ein Besatzungsmitglied unter ungeklärten Umständen zu Tode. Die Beschäftigung mit Ottos Nachlass führt Fritjof schließlich auf die Spur der tatsächlichen Ereignisse.
Es ist eine stimmungsvolle und bildhafte Novelle, mit der der Autor seine Leser in die Jahre 1925 und 1891 versetzt und sie das Leben dieser Zeit an der Elbmündung miterleben lässt. Er trifft auf eine eingeschworene Gemeinschaft mit echten Typen, gebildet in der Auseinandersetzung mit den Naturgewalten. Da ist der Stackfischer Fritjof, der von seinem Stiefvater das Buttpedden gelernt hatte, Fritjofs kauziger Freund Vitus, ebenfalls ein Fischer, bei dem Fritjof plaudernd und kartenspielend die Sturmnacht verbringt. Oder der verschlagene Bauer Piekendorn, der unbedingt wissen will, ob Fritjof Ottos Gasthof weiterführen möchte.

Literarischer Ausflug ans Meer

Natürlich geistert bereits bei der Lektüre des Klappentextes der Begriff Strandräuberei durch das maritim angehauchte Hirn. Und so kommt die Auflösung der Fragen, die sich aus rätselhaften Funden ergeben, nicht völlig überraschend. Die eigentliche Spannung des Büchleins wird auch gar nicht so sehr durch den „Fall“, sondern vielmehr durch die lebendig beschriebenen Ereignisse erreicht. Die plattdeutschen und trotzdem gut verständlichen Dialoge, die historische und natürliche Authentizität machen die Lektüre selbst zu einem Vergnügen. Dennoch darf an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass die Publikation über BoD im buchstäblichen Sinne einen hohen Preis für das Büchlein fordert.

Matthias Schneider-Dominco: Das havarierte Gewissen. Eine norddeutsche Novelle. TWENTYSIX – Der Self-Publishing-Verlag, 2016. Taschenbuch, 63 Seiten.

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