Mittwoch, 24. Oktober 2018

Um die Welt mit James Cook

Die illustrierten Entdeckungsfahrten

1768 also vor 250 Jahren startete James Cook mit der HMB Endeavour zur ersten seiner drei Forschungsreisen in die Südsee. Der großformatige, reichhaltig illustrierte Band Um die Welt mit James Cook vermittelt anhand von Auszügen aus den Logbüchern und Reiseberichten die wesentlichen Ereignisse und Herausforderungen, mit denen der Kapitän, die Wissenschaftler und die Menschen bei der Konfrontation mit den Naturgewalten aber auch den fremden Kulturen zu bewältigen hatten.


Eine interessante Textauswahl und eindrucksvolle Illustrationen

Natürlich sind die Log- und Tagebücher der Forschungsreisenden bereits seit Jahren in verschiedenen Ausführungen, Zusammenstellungen und Übersetzungen im Buchhandel erhältlich. Die vorliegende Ausgabe sollte also schon etwas Besonderes sein. Tatsächlich finden sich in diesem bibliophilen großformatigen Buch viele interessante Illustrationen beispielsweise von Hodges oder Webber, die in den bisherigen Publikationen zu den drei Forschungsreisen des James Cook eher Seltenheitswert haben. Und natürlich ist es die Zusammenstellung der Textauszüge, die den Leser auf besondere Aspekte der Forschungsreisen hinweisen. Etwa, wenn der Schriftsteller John Hawkesworth unter Verwendung der Tagebücher von Cook und dem Naturwissenschaftler Joseph Banks über die Tragödie bei einem wissenschaftlichen Tagesausflug ins Landesinnere in Tierra del Fuego berichtet, der zwei Todesopfer forderte.

Zwischen Überlegenheitsgefühl und Demut

Die sorgfältig ausgesuchten Texte führen den Leser in die Probleme der Navigation und des Schiffsalltags ein, lassen ihn an den Begegnungen mit fremden Kulturen teilhaben und machen ihn auch mit den Vorstellungen und Handlungsweisen der europäischen Entdecker vertraut. Da ist vom Entsetzen über den Kannibalismus die Rede aber es werden auch Versuche sichtbar, sich bei der Beurteilung der Sitten und Gebräuche der indigenen Bevölkerungen über die eigenen moralischen Vorstellungen hinwegzusetzen. Deutlich wird auch, dass sich das technisch und moralisch begründete Überlegenheitsgefühl der Europäer gelegentlich vor allem bei den aufgeschlossenen Wissenschaftlern aber auch bei Cook relativiert, und einer gewissen Nachdenklichkeit weicht. So zum Beispiel angesichts der Tahitischen „Marine“ die Cook und seine Begleiter im Südwinter inspizieren durften.

Das Management kulturellen Unverständnisses

Besonderen Raum nimmt auch die Berichterstattung über die Begegnungen mit den Maori ein. Es waren komplexe und konfliktbeladene Beziehungen, die sich da zwischen den Neuseeländern und den Europäern entwickelten. Da ist das Massaker an der Bootsmannschaft der Aventure, dem Begleitschiff Cooks auf der zweiten Reise zu nennen, aber auch der Umgang Cooks mit diesem Ereignis. Der Kapitän verzichtete auf eine Bestrafung und erntete damit Unverständnis sowohl bei seinen eigenen Leuten als auch bei den Neuseeländern. Gegenseitiges kulturelles Unverständnis prägt ohnehin die Beziehungen zwischen den Reisenden und den zahlreichen indigenen Völkern, die Cook auf seinen Streifzügen durch die Südsee antraf. Eben dieses Unverständnis führte neben anderen Aspekten zum Tod des legendären Kapitäns, über den James King, Leutnant auf der Adventurer berichtet.

Mit James Cook um den Südpol

Spannend ebenfalls, die Versuche Cooks, den legendären Südkontinent zu entdecken. Stattdessen gelang es ihm, dessen Nichtexistenz nachzuweisen und den Südpol zu umrunden. Dabei faszinieren nicht nur die navigatorischen Leistungen sondern auch die Überlegungen und Beobachtungen, die zu Cooks Schlussfolgerungen geführt hatten. Gerade bei diesem Teil der Expedition kann sich der Leser der Bewunderung für die Leistungen des neuzeitlichen Entdeckers (und seiner Mannschaft!) kaum entziehen. Zweistellige Minusgrade, Stürme, Eisberge, Packeis, es ist kaum nachvollziehbar, wie das die Menschen auf den kleinen hölzernen Schiffchen auszuhalten in der Lage waren. Immerhin mussten bei diesen Witterungsbedingungen vereiste Segel gerefft, geborgen oder gesetzt werden, die Position bestimmt, Wassertiefe gelotet und der normale Bordbetrieb aufrecht gehalten werden.

Kein ungetrübtes Vergnügen

Alles in allem hat dieses Buch also durchaus seine Existenzberechtigung unter den zahlreichen Publikationen zum Thema. Allerdings ist an der einen oder anderen Stelle eine gewisse Sorgfalt, die auch dem Text eines solchen Buches angemessen wäre, zu vermissen. Bei Werken dieser Art scheint es inzwischen wohl schon üblich, dass die Übersetzung zu wünschen übrig lässt. Gelegentlich entsteht der Eindruck, dass der Google-Übersetzer die Oberhand über den notwendigen sprachlichen und inhaltlichen Sachverstand der Übersetzer gewonnen hat. Wie sonst könnte es sein, dass - um nur zwei inhaltliche Beispiele zu nennen - das Ankertau mit einer „Haspel“ eingeholt wird und die Männer der Endeavour ständig sondieren statt zu loten, um die Wassertiefe festzustellen. Aber auch die englische Originalausgabe von 2016 scheint gewisse Schwächen aufzuweisen, die wohl leider übernommen worden sind. So erscheint die Stadtansicht Batavias von 1780 tatsächlich seitenverkehrt, für mich mehr als nur ein Schönheitsfehler.

Nicholas Thomas (Hrsg): Um die Welt mit James Cook. Die illustrierten Entdeckungsfahrten. WbgTheiss 2018. Gebunden mit Schutzumschlag, 320 Seiten.

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