Natürlich dürfen berühmte Namen wie
HMS Victory, Great Britain oder Titanic in einem
Buch über 50 bedeutende Schiffe und Schiffstypen der Geschichte
nicht fehlen. Darüber hinaus aber findet der Leser auch
Wasserfahrzeuge, deren Hintergründe und Schicksale nicht jedem
geläufig sind. Das beginnt mit der Sonnenbarke von Pharao Cheops
geht über Robert Fultons innovative Schiffskonzepte bis zur SS
Ideal X, der „Mutter aller Containerschiffe“.
Seefahrts- und Technikgeschichte an
ausgewählten Beispielen
Der etwas plakative Titel täuscht
darüber hinweg, dass die Schiffs- und Schiffstypenvorstellungen in
diesem Buch durchaus komplexer aufgearbeitet sind, als man zunächst
erwartet. Und natürlich (oder glücklicherweise) versucht der Autor
nicht, den Titel allzu wörtlich umzusetzen. Denn selbstverständlich
hat kein einziges Schiff die Welt verändert. Vielmehr lassen sich
bestimmte Schiffe und Schiffstypen als Beispiele und Ergebnisse
technisch-kultureller Entwicklungen begreifen, die prägend für die
Zukunft waren. Und so manche schiffbautechnische Entwicklung hat dazu
beigetragen, die veränderten Bedürfnisse von Gesellschaften,
Herrschenden und Wirtschaft zu befriedigen. Geeignete Schiffe
ermöglichten die Entdeckung, Eroberung und Besiedlung der Welt und
erlaubten großräumige Handelsbeziehungen.
Eine „Weltveränderung“ kommt
selten allein
Tatsächlich stehen die 50 vom Autor
Ian Graham ausgewählten Schiffe nicht für sich allein. Am Beispiel
des weltweit erstmals kommerziell erfolgreichen Dampfschiffes
Clermont des Ingenieurs Robert Fulton wird das Konzept des
Buches deutlich. Neben einem kurzen Abriss über die ersten Versuche,
die Dampfmaschine als Antrieb an Bord von Schiffen zu bringen stellt
der Autor auch den Werdegang Fultons vor. Die Clermont, das
Dampfschiff, das „Geschichte schreiben sollte“ war letztendlich
ein Ergebnis von Fultons Erfindergeist und politisch-wirtschaftlichem
Einfluss des ehemaligen US-Botschafters Robert R. Livingston, der
sich das Monopol zum Dampfschiffsbetrieb auf dem Hudson River
gesichert hatte. Der kommerzielle Erfolg des Schiffes verschaffte
Fulton weitere Aufträge anderer Schifffahrtsunternehmen an der
Ostküste. Und Fulton war es auch, der mit der Demologos den
Bau des weltweit ersten dampfbetriebenen Kriegsschiffes für die
US-Marine in Angriff nahm.
Entwicklungsprozesse und
Meilensteine
Wie schwer es ist, überhaupt ein
einzelnes Schiff zu benennen, dass „unsere Welt veränderte“
zeigt sich am Beispiel des U-Bootes. Nicht nur, dass Fulton ab 1800
auch hier erfolgreich experimentiert und mit dem Nautilus das
weltweit erste praxistaugliche U-Boot gebaut hatte. Ian Graham führt
mit der USS Holland von 1897, der U-21 von 1913, der
USS Nautilus von 1954 und am Ende dem Tiefsee-Tauchboot Alvin
gleich mehrere „weltverändernde“ Fahrzeuge auf, deren
Entwicklungsgeschichte spätestens 1620 mit dem ersten erfolgreichen
Tauchgefährt des Holländers Cornelius Drebbel begann. Natürlich
bleiben in verschiedenen anderen Zusammenhängen die historisch
bedeutenden Tauchfahrzeuge wie die Turtle (1776), die H.L.
Huntley (1864) oder der Bathyskaph Trieste (1960) nicht
unerwähnt.
Interessante Auswahl mit
interessanten Hintergründen
Insgesamt liefert der Autor ein breites
Spektrum seefahrtsgeschichtlich bedeutsamer, legendärer oder einfach
nur spektakulärer Schiffe. Das reicht von der Sonnenbarke des
Cheops, den antiken Ruderschiffen, Schiffen mit denen die Europäer
ihren Aufbruch in die Neuen Welten starteten über die Schatzschiffe
des Zheng Hes, neuzeitliche Forschungsschiffe, Großsegler und
Innovationen des Dampfschiffzeitalters bis hin zu den mächtigen
Kriegsschiffen der Weltkriege und den riesigen Passagierschiffen
unserer Tage. Eine interessante Auswahl mit interessanten
Hintergründen.
Ian Graham: 50 Schiffe, die
unsere Welt veränderten. Haupt Verlag 2018. Gebunden, 224 Seiten
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