Welche
Funktion und Bedeutung hatten Schiffe in der Wikingerzeit und welchen Wert
haben die archäologischen Zeugnisse für unsere heutige Gesellschaft? Diesen
Fragen geht Sunhild Kleingärtner im Sonderheft 12/2017 der Zeitschrift
„Archäologie in Deutschland“ nach. Die Autorin betrachtet den
Untersuchungsgegenstand „Wikingerschiff“ dabei aus archäologischen sowie
gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Perspektiven.
Mit der
Wahrnehmung von Wikingerschiffen beginnt Kleingärtner ihren Ausflug in die Welt
der skandinavischen Seefahrt. Dabei steht zunächst nicht das Schiff selbst,
sondern die Vorstellungen im Mittelpunkt der Betrachtungen, die uns die
Geschichtsüberlieferung von ihren Erbauern und Nutzern vermittelt hat. Die
schlagen sich nicht nur in den heutigen Unterhaltungsmedien in Form
kriegerischer, barbarischer Horden nieder, die mit ihren schnellen
Drachenschiffen die Küsten und Flussläufe Europas mordend und plündernd
heimsuchen. Aber es gibt auch die andere Seite der Kultur der Wikinger.
Händler, Handwerker, Kulturschaffende, globale Netzwerker waren sie und insofern
ist es sicherlich kein Wunder, dass mit der Wikingerzeit heute, wie die Autorin
feststellt, positive Assoziationen verknüpft werden.
Mit „Drachenschiffen“ um die ganze (damalige)
Welt
So transportieren
Abbildungen von Wikingern und ihren Schiffen seit der Romantik wirkmächtige und
werbeträchtige politische, ökonomische und kulturelle Botschaften. Als
Publikumsmagnet auf Festen und Märkten boomt die im Rahmen von Reenactment-Veranstaltungen
nachempfundene Wikingerkultur. Dass dabei nicht immer „Wikinger“ drin ist, wo „Wikinger“
draufsteht, versteht sich von selbst. Denn die archäologischen Funde und
historischen Quellen, erlauben lediglich eine Interpretation der Kultur aus der
Sicht des jeweiligen Betrachters. Fest steht jedenfalls, dass das Konzept der Wikingerschiffe
für die damalige Zeit innovativ war und die skandinavische Bauernkultur zu
einem Global Player ihrer Zeit machte. Dabei hatten die Schiffe auch damals,
allein aufgrund des Aufwandes, der zu ihrem Bau erforderlich war, neben der
ökonomischen ebenfalls repräsentative Funktionen. Die wikingerzeitlichen
Schiffsbegräbnisse, allen voran das Osebergschiff, belegen dies.
Zwischen Marketing und Wissenschaft
Im Kapitel „Die
Wirkung von Wikingerschiffen“ setzt sich die Autorin mit den Möglichkeiten und
Grenzen der experimentellen Archäologie im Rahmen von Nachbauten sowie mit
unterschiedlichen Museumskonzepten zum Thema Wikinger und Wikingerschiffe auseinander.
Im Glossar schließlich gibt sie neben den obligatorischen Literaturhinweisen
auch touristische Hinweise zum Thema, darunter selbstverständlich Kurzinfos zu den
Museen Haitabu und Roskilde.
Alles in
allem bietet das Buch einen Interessanten und anregenden Überblick über das
Thema, insbesondere unter dem Blickwinkel der kulturgeschichtlichen Adaption
der Wikinger und ihrer Schiffe. Wirklich in die Tiefe geht die Autorin bei
keinem der angerissenen Aspekte, das war aber offensichtlich auch nicht die
Intention des Sonderheftes der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“.
Sunhild
Kleingärtner: Die Wikinger und ihre Schiffe. Theiss 2017. Hardcover 110 Seiten.
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