Sonntag, 26. November 2017

Die Wikinger und ihre Schiffe

Welche Funktion und Bedeutung hatten Schiffe in der Wikingerzeit und welchen Wert haben die archäologischen Zeugnisse für unsere heutige Gesellschaft? Diesen Fragen geht Sunhild Kleingärtner im Sonderheft 12/2017 der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ nach. Die Autorin betrachtet den Untersuchungsgegenstand „Wikingerschiff“ dabei aus archäologischen sowie gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Perspektiven.

Mit der Wahrnehmung von Wikingerschiffen beginnt Kleingärtner ihren Ausflug in die Welt der skandinavischen Seefahrt. Dabei steht zunächst nicht das Schiff selbst, sondern die Vorstellungen im Mittelpunkt der Betrachtungen, die uns die Geschichtsüberlieferung von ihren Erbauern und Nutzern vermittelt hat. Die schlagen sich nicht nur in den heutigen Unterhaltungsmedien in Form kriegerischer, barbarischer Horden nieder, die mit ihren schnellen Drachenschiffen die Küsten und Flussläufe Europas mordend und plündernd heimsuchen. Aber es gibt auch die andere Seite der Kultur der Wikinger. Händler, Handwerker, Kulturschaffende, globale Netzwerker waren sie und insofern ist es sicherlich kein Wunder, dass mit der Wikingerzeit heute, wie die Autorin feststellt, positive Assoziationen verknüpft werden.

Mit „Drachenschiffen“ um die ganze (damalige) Welt

So transportieren Abbildungen von Wikingern und ihren Schiffen seit der Romantik wirkmächtige und werbeträchtige politische, ökonomische und kulturelle Botschaften. Als Publikumsmagnet auf Festen und Märkten boomt die im Rahmen von Reenactment-Veranstaltungen nachempfundene Wikingerkultur. Dass dabei nicht immer „Wikinger“ drin ist, wo „Wikinger“ draufsteht, versteht sich von selbst. Denn die archäologischen Funde und historischen Quellen, erlauben lediglich eine Interpretation der Kultur aus der Sicht des jeweiligen Betrachters. Fest steht jedenfalls, dass das Konzept der Wikingerschiffe für die damalige Zeit innovativ war und die skandinavische Bauernkultur zu einem Global Player ihrer Zeit machte. Dabei hatten die Schiffe auch damals, allein aufgrund des Aufwandes, der zu ihrem Bau erforderlich war, neben der ökonomischen ebenfalls repräsentative Funktionen. Die wikingerzeitlichen Schiffsbegräbnisse, allen voran das Osebergschiff, belegen dies.

Zwischen Marketing und Wissenschaft

Im Kapitel „Die Wirkung von Wikingerschiffen“ setzt sich die Autorin mit den Möglichkeiten und Grenzen der experimentellen Archäologie im Rahmen von Nachbauten sowie mit unterschiedlichen Museumskonzepten zum Thema Wikinger und Wikingerschiffe auseinander. Im Glossar schließlich gibt sie neben den obligatorischen Literaturhinweisen auch touristische Hinweise zum Thema, darunter selbstverständlich Kurzinfos zu den Museen Haitabu und Roskilde.
Alles in allem bietet das Buch einen Interessanten und anregenden Überblick über das Thema, insbesondere unter dem Blickwinkel der kulturgeschichtlichen Adaption der Wikinger und ihrer Schiffe. Wirklich in die Tiefe geht die Autorin bei keinem der angerissenen Aspekte, das war aber offensichtlich auch nicht die Intention des Sonderheftes der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“.

Sunhild Kleingärtner: Die Wikinger und ihre Schiffe. Theiss 2017. Hardcover 110 Seiten.

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