Mit "Der Fliegende Holländer, ein Opern(ver)führer", hat
Ruprecht Frieling seine zweite Wagneroper literarisch aufs Korn genommen. Nicht
nur das Thema, auch das inhaltliche Konzept sind gute Gründe, das gerade
erschienene Buch auf Marexpedi vorzustellen.
Freunden der Seefahrt ist die Geschichte vom Fliegenden Holländer bekannt:
Auf einem geheimnisvollen Skipper aus Amsterdam lastet ein fürchterlicher
Fluch. Der Seemann wollte das sturmumbrauste Kap der Guten Hoffnung umsegeln,
das bereits tausenden Seeleuten den Tod beschert hatte. Händeringend verfluchte
er die unberechenbare See und bot dem Teufel seine Seele, wenn der ihm bei der
Umschiffung helfe. Der Höllenfürst ließ sich nicht lange bitten und nahm das
Angebot an – der Seemann konnte das Kap umschiffen. Seitdem durchpflügt der
Kapitän auf einem unsinkbaren Geisterschiff die tobenden Meere. Den Schwur hat
er längst bereut. Verzweifelt will er dem leichtfertigen Eid entkommen und in
blutigen Gefechten mit anderen Schiffen untergehen. Sein sehnlichster Wunsch
ist Erlösung durch Tod. Doch der unselige Seebär ist chancenlos, seinen Kahn
auf Grund zu setzen.
Wagner und seine Beziehungskisten
Bei Wind und Wetter fliegt der todbringende Dreimaster mit geblähten
Segeln über die Schaumkronen hinweg und kündigt neues Unheil an. Seefahrer
aller Herren Länder verbreiten die schauerliche Mär vom Segelschiff, das aus
der unergründlichen Tiefsee auftaucht. Wer den »Fliegenden Holländer«
sieht, ist dem Untergang geweiht. Das Phantom wird zur Legende. Dem
geisterhaften Schiffsführer des Phantomschiffes selbst bleibt jedoch ein
Silberstreif am Horizont: Alle sieben Jahre darf er von Bord, um eine Frau
aufzuspüren, die ihm ewige Treue schwört. Nur mit dieser einen könnte er
endlich den lang ersehnten Frieden für sich und seine Mannschaft finden. Und an
der sich aus diesem Aspekt ergebenden Beziehungsstory setzt Richard Wagners
Oper an.
Frieling erzählt das Operngeschehen in seiner bekannt dynamischen und
anschaulichen Art nach. Da krachen die Orchesterwellen über das Schanzkleid, kämpfen
die Stimmen der Protagonisten gegen das Instrumentalunwetter an und werden
mächtige Bühnenbilder vor dem geistigen Auge des Lesers lebendig.
kultur- und literaturgeschichtliche Hintergrundinfos
Was auf den ersten Blick bei Frielings Interpretation gelegentlich respektlos
zu klingen scheint, ist schlichtweg eine zeitgemäße und unterhaltsame
Darstellung des Opernstoffes, abseits aller Schwülstigkeit. Wer das Original
liebt, mag sich am im Original angehängten Libretto erfreuen. Der Autor
beschreibt übrigens auch die zweifellos eindrucksvollen Seefahrtserlebnisse des
Richard Wagner, die den Komponisten zu seinem Opernwerk inspiriert hatten. Und
nicht zuletzt stellt er auch Wagners literarische Quellen, Heinrich Heine,
Frederick Marryat und Wilhelm Hauff mit ihren Geschichten über den Fliegenden
Holländer beziehungsweise das Geisterschiff vor. Dass Ruprecht Frieling den Seefahren
des 16. und 17. Jahrhunderts in seinem Abriss über die historischen
Hintergründe der Sage ausgerechnet Koggen statt der üblichen Galeonen und
speziellen Ostindienfahrer für ihre Weltumsegelungen unterjubelt, sei dem
ausgewiesenen Wagnerkenner und Opernspezialisten nachgesehen.
Empfehlenswert erscheint mir das Buch auch unter kulturgeschichtlichen Aspekten
zur Seefahrt durchaus. Und wer die alten Legenden vom Fliegenden Holländer mag,
der wird sich auch für Frielings Interpretation der Wagneroper begeistern
können.
Ruprecht Frieling: Der Fliegende Holländer. Ein
Opern(ver)führer. Internet-Buchverlag 2015. Erhältlich als Paperback sowie als
E-Book für Kindle und Tolino
Landratte dankt dem Kapitän dieses Blogs für Rezension und sachdienlichen Hinweis.
AntwortenLöschen