Band 2 der OCEANUM-Dokumentationsreihe
präsentiert das 1929 auf seiner Reise mit der Peking um Kap Hoorn
entstandene Tagebuch Irving Johnsons erstmalig in deutscher
Übersetzung. Der Amerikaner Johnson hatte die Sturmfahrt des Flying
P-Liners übrigens nicht nur schriftlich sondern in
aufsehenerregenden Stunts auch filmisch dokumentiert. Die vorliegende
OCEANUM-Dokumentation stellt zudem den legendären Kapitän der
Peking Jürgen Jürs vor.
Der Abenteurer Irving
Johnson hatte mit der Wahl des Schiffes und des Reisezeitpunktes
Glück. Zum einen bekamen er und sein Freund Charles Brodhead gegen
den Widerstand des Mitarbeiters im Reedereikontor tatsächlich eine
Passage auf einem der letzten kommerziellen Großsegler der Welt. Zum
anderen traf die Peking gleich in der Nordsee auf den schwersten
Orkan seit 50 Jahren. Und auch das Kap Hoorn zeigte sich dem Schiff
von seiner unfreundlichsten SSeite. Es war genau das, was Johnson,
den wie heute wohl als Extremsportler bezeichnen würden, gewollt
hatte.
Gelegentlich
wirkt der Bericht des damals 24-Jährigen ein wenig selbstgefällig,
doch der Stolz auf seine eigenen Leistungen an Bord des gewaltigen
Rahseglers war durchaus berechtigt. Irving Johnsons 1977 publiziertes
Tagebuch wurde zu einem Klassiker im englischsprachigen Raum. Kein
Wunder, denn die Schilderungen wirken so lebendig, als sei der Leser
mit an Bord.
Mit
beiden Händen für das Schiff und einem Bein im Grab
Im
Nachwort zur zweiten Auflage seines Buches „The Peking battles Cape
Horn“, 48 Jahre nach seiner legendären Reise betrachtet Johnson
die Fahrt unter verändertem Blickwinkel. War es damals für den
jungen Amerikaner vor allem ein großartiges Abenteuer, eine
persönliche Herausforderung, so weiß er nun, nach vielen
Berufsjahren als Kapitän die unglaublichen Leistungen von Mannschaft
und Kapitän zu würdigen. Immerhin galt es ein 8000-Tonnen Schiff
mit 17 Stockwerke hohen Masten, 32 Segeln mit mehr als 4000
Quadratmetern Fläche durch Sturm und wilde See zu bewegen. Gerade
einmal 74 Männer, darunter 54 Kadetten, also Auszubildende, hatten
diese Aufgabe allein durch Muskel- und Willenskraft zu bewältigen.
Jürgen
Jürs, eine Legende des Windjammer-Zeitalters
Schon
damals waren die mächtigen Hochleistungssegler ein Anachronismus in
der Handelsschifffahrt und gewissermaßen galt das auch für Kapitän
Jürgen Jürs, unter dem Johnson und sein freund um das berüchtigte
Kap gesegelt waren. Eine gewaltige, respekteinflößende aber auch
jähzornige Persönlichkeit, die allein als Kapitän der Reederei
Laeisz auf acht Flying P-Linern 42 mal das Kap Hoorn umrundete –
darunter acht mal auf der Peking. Auch Johnson zeigte sich von Jürs
tief beeindruckt. „Ich bin mir sicher“, so stellt er in seinem
Nachwort fest, „dass ich mein Überleben in all den Jahren als
Seemann und Kapitän zu einem großen Teil Kapitän Jürs verdanke.“
Mit
Jürgen Jürs starb 1945 „der letzte Windjammer-Kommandant der
Seefahrtgeschichte, der nur Frachtsegler ohne Motor führte.“
Band 2
der OCEANUM-Dokumentation vermittelt gewissermaßen hautnah ein
spannendes Stück Seefahrtgeschichte. Sie handelt von der Zeit, als
die Segler ihre dampfende Konkurrenz wirtschaftlich nur noch auf
Kosten von Leib und Leben der Mannschaften und mit Typen wie Kapitän
Jürgen Jürs ausstechen konnte.
Harald Focke, Tobias Gerken
(Hrsg.): Mit der Peking um Kap Hoorn. OCEANUM-Dokumentation Band
2. Taschenbuch, 152 Seiten.
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