Samstag, 4. April 2015

The Navies of Rome


The Navies of Rome. Foto Wolfgang Schwerdt Die Flotten Roms, so heißt übersetzt das englischsprachige Buch von Michael Pitassi, das dem Leser in der Tat einen nahezu vollständigen Überblick über die zahllosen Flotten Roms verschafft.

Pitassi geht in seinem Buch systematisch, chronologisch vor und stellt dabei gleich am Anfang klar: Rom war vor allem eine historisch einzigartige Seemacht. Das Imperium verfügte zur Zeit seiner größten Machtentfaltung über eine Flotte, die bis heute hinsichtlich Umfang und Effektivität ihres Gleichen sucht. Pitassi erklärt auch, warum eine so mächtige Landmacht wie Rom, das, so die landläufige Auffassung, nie eine Affinität zur Seefahrt hatte, eine maritime Supermacht wie beispielsweise Karthago besiegen konnte.

Römische Flotte, ein Erbe der Etrusker und Griechen

Rom hatte, so belegt Pitassi sehr plausibel anhand historischer und archäologischer Quellen, allein durch die enge kulturelle Beziehung zum Seefahrervolk der Etrusker bereits seit seiner Gründung einen direkten Bezug zum Meer. Und es ist sicherlich kein Zufall, dass Rom an der Stelle des Tiber erbaut worden war, die einen direkten, schiffbaren Zugang zum Meer sicherte. Und auch die Anlage des Hafens Ostia an der Tibermündung, hatte als Stützpunkt für die römische Marine spätestens im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, also gut 150 Jahre vor dem ersten punischen Krieg, Bedeutung erhalten. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es eine kleine römische Flotte, die kurz vor dem Ausbruch des Krieges mit den bis dahin verbündeten Karthagern, kräftig ausgebaut worden war. Der Ausbau erfolgte nicht, wie Pitassi belegt, durch massenhaften Nachbau eines karthagischen Kriegsschiffes, das an die Küsten Roms gespült wurde. Vielmehr hatten die Römer ein eigenes Modell der in jener Zeit üblichen Ruderkriegsschiffe entwickelt.

Große römische Seeschlachten

Zweifellos war es nicht nur die Tatsache, dass die Römer durch die herunter klappbaren Laufbrücken den Landkrieg auf die Schiffe der Phönizier getragen hatten, die den vernichtenden Sieg der Römer über die punische Flotte sicherte. Ohne lange seemännische Erfahrung wäre es den Römern sicherlich nicht gelungen, ihre neue Wunderwaffe, die Krähe, überhaupt zum Einsatz zu bringen. Aber der berühmte römische Sieg in der ersten Seeschlacht gegen die Karthager war nicht die einzige spektakuläre römische Flottenaktion. Man erinnere sich nur an die Seeschlacht vor Actium, als letztendliche entscheidende Auseinandersetzung im römischen Bürgerkrieg.

Mit der Flotte tief in das Land des Gegners

Worüber man sich kaum im Klaren ist: die Macht des Imperium Romanum beruhte wesentlich mehr auf der Überlegenheit der römischen Flotten, als auf der eindrucksvollen Schlagkraft der römischen Legionen. Die Römer hatten nicht nur sämtliche Seemächte des Mittelmeeres, wie die Karthager oder die Griechen niedergerungen und sich damit in die Lage versetzt, jederzeit an jeden beliebigen Ort des Imperiums ungehindert über die See ihre Legionen zum Gegner zu bringen, kombinierte Land- See Kampagnen durchzuführen und den gesamten Handel des Mittelmeerraumes zu kontrollieren. Sie waren ebenfalls in der Lage, in schnellen Vorstößen beispielsweise durch die Straße von Gibraltar ihre militärische Überlegenheit entlang der Nordseeküste bis nach Großbritannien und bis zur Elbe, den Rhein und seine Nebenflüsse, die Weser hinauf zu tragen und auf diese Weise innerhalb weniger Jahre auch das rechtsrheinische Germanien zu kontrollieren. Die Donauflotte, vom selbstverständlich römisch kontrollierten Schwarzen Meer aus sicherte die Grenzen zum Barbaricum.

Die Römische Flotte, eine eigenständige Waffengattung

Gut 1000 Jahre umfasst die Beschreibung Pitassis „Navies of Rome“ und es liegt auf der Hand, dass es tatsächlich viele Römische Flotten gegeben hat. Nicht nur als Flottenverbände, sondern auch als Flottenorganisation. Bestand die römische Flotte in ihren Anfängen gerade einmal aus vielleicht 20 Schiffen, die mehr oder weniger die Tibermündung vor feindlichen Angriffen schützten, gab es bereits zum punischen Krieg mindestens drei Flotten mit verschiedenen Einsatzgebieten und mit einer Gesamtzahl von etwa 200 Kriegsgaleeren. Übrigens, Pitassi räumt auch mit der Vorstellung auf, dass die römischen Kriegsschiffe von Rudersklaven angetrieben wurden. Tatsächlich handelte es sich um Soldaten, die ebenso wie die Krieger, die die Schiffe bemannten, speziell trainiert wurden und eben kein Teil der Armee, sondern eine eigenständige Waffengattung mit eigener Kommandostruktur darstellten.

Römische Marinegeschichte bis ins Detail

Schier unüberschaubar erscheinen die Informationen über die römischen Flotten und Pitassi hat sich denn auch entschieden, diese Informationen in eine historisch -chronologische Abhandlung und eine überwiegend technische Rubrik zu unterteilen, die nebeneinander einherlaufen und sich gegenseitig ergänzen. So erfährt der Leser neben den akribisch mit Jahreszahlen aufgeführten historischen und maritimen Ereignissen, Taktiken, Flottenbauprogrammen oder Organisationsstrukturen in grau unterlegten Infotexten zusätzlich alles über die Schiffstypen und deren Entwicklung, über die Waffen, über Häfen, Werften und Marinestützpunkte und nicht zuletzt über Mannschaftsstärken und Hierarchien. „The Navies of Rome“, ein Buch, das unbedingt zu empfehlen ist.

Michael Pitassi: The Navies of Rome. The Boydell Press 2009. Gebunden mit Schutzumschlag, 348 Seiten.

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