Mit dem Nachbau und der Erprobung der Lusoria hat sich der Autor des Buches "Lusoria – Ein Römerschiff im Experiment", Prof. Dr. Christoph Schäfer, einen Namen in der experimentellen Archäologie gemacht. Lusoria ist dabei nicht der klangvolle Name eines Schiffes, sondern in Form von Navis Lusoria die Typbezeichnung eines der leistungsfähigsten Kriegsschiffe der spätantiken römischen Welt.
Mit diesem Standarttypus verteidigten die Römer etwa zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert die Grenzen ihres Reiches auf Rhein und Donau gegen die Barbaren - am Ende vergeblich.
Der Gedanke zum Nachbau eines dieser auch in der zeitgenössischen Literatur beschriebenen Schiffes als größeres Projekt der experimentellen Archäologie kam von studentischer Seite. Ohne die Funde solcher Schiffe bei Ausgrabungen in Mainz und die daraus resultierenden archäologischen Befunde, wäre ein solches Unterfangen allerdings nicht zu realisieren gewesen.
Dementsprechend widmet sich das erste Kapitel des Buches dem archäologischen Befund. Dabei werden nicht nur Konstruktionsmerkmale geschildert, sondern auch der historische Kontext, in dem die Fundsituation zu bewerten ist.
Im Rahmen der hochinteressanten Diskussion historischer Quellen in Zusammenhang mit den Funden, werden in diesem Kapitel die konkreten Typmerkmale der Lusoriae als Flusskriegsschiffe herausgearbeitet, um schließlich Grundlagen für die Rekonstruktion zu liefern.
Rekonstruktion eines spätantiken römischen Flusskriegsschiffes
Bei der Rekonstruktion erwies sich trotz der ausgezeichneten Quellen- und Fundsituation ein Aspekt als außerordentlich problematisch. Es war die Tatsche, dass bei keinem der Mainzer Schiffswracks der Kiel in voller Länge erhalten war. Und so schildert der Autor auch die kontroverse Diskussion der Wissenschaftler um die genaue Rumpflänge des Schiffstyps, die für eine experimentell akzeptable Rekonstruktion von großer Bedeutung ist. Da diese Diskussion bis heute nicht abgeschlossen ist, hatte die Rekonstruktion neben anderen Fragestellungen auch zu dieser Frage einen Beitrag zu plausiblen Antworten zu leisten.
Antikes Römerschiff in der Versuchsanstalt
Der Beschreibung des im Mai 2003 begonnenen Schiffsnachbaus, die für ambitionierte Schiffsmodellbauer auch dank der hervorragenden Detailfotos und Darstellungen von CAD-Animationen sehr aufschlussreich ist, folgt eine ausführliche Dokumentation der Tests. Dazu gehören auch die Widerstandsversuche am Modell in der Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam. Vor allem die Schilderung der diversen Fahrversuche des Originals mit zahlreichen Fotos zeigen, welch ein praktischer Aufwand für die Beantwortung der wissenschaftlichen Fragen betrieben werden musste.
Erkenntnisse über das römische flussgestützte Verteidigungssystem
Die Folgerungen aus den 2004 begonnenen Testfahrten für das spätantike römische Verteidigungskonzept sind für den interessierten Laien und für Schiffshistoriker, Schifffahrtsbegeisterte, Altertumswissenschaftler oder Militärhistoriker gleichermaßen aufregend. Recht ausführlich wird in dem Buch zunächst die allgemeine Lage an den römischen Grenzen am Übergang von der Kaiserzeit zur Spätantike entwickelt, wobei hier schon schrittweise die experimentellen Erkenntnisse eingeflochten werden. Reaktionszeiten und Stärke der maritimen Einheiten bis hin zum Konzept des flussgestützten Verteidigungssystems ergeben schließlich ein strukturiertes Bild, das für einige Korrekturen bei der bisherigen Sichtweise sorgt.
Antikes
High-Tec-Schiff und moderne High-Tec-Messtechnik
Natürlich gehört zu einem wissenschaftlichen Projekt auch aufwändige Messtechnik, der das Buch schon allein deshalb ein umfassenderes Kapitel widmet, weil diese für die wissenschaftlich korrekte Erfassung der Leistungsdaten maßgeblich war. Die technischen Details, die auch halbwegs unverstanden dokumentieren, was bei der Erfassung von aussagefähigen Daten alles berücksichtigt werden muss, sind im Anhang dargestellt. Hier findet sich auch die Auswertung der Daten, die für die Beantwortung der archäologisch- historischen Fragestellungen so wichtig ist.
Christoph Schäfer, Lusoria – Ein Römerschiff im Experiment. Koehlers Verlagsgesellschaft 2008. geb. mit Schutzumschlag, 128 Seiten.
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