Donnerstag, 29. Juni 2017

Die Entdeckung Neuseelands

Das Logbuch des Abel Janszoon Tasman

Wenn von den großen Entdeckern die Rede ist, fällt sicherlich nicht als erstes der Name Abel Janszoon Tasman. Dabei ist sein Beitrag zur europäischen Entdeckungsgeschichte enorm. Immerhin stieß er auf die später nach ihm genannte Insel an der Südostecke Australiens, entdeckte als erster Europäer Neuseeland, die Tonga- und die Fidschi-Inseln und kartographierte die Nord- und einen Teil der  Westküste (insgesamt rund 4.000 Kilometer) des damals in seinen Ausmaßen noch unbekannten Kontinents Australien. Das Buch „Die Entdeckung Neuseelands“ präsentiert neben dem Logbuch der ersten großen Entdeckungsreise Tasmans (1642-1643) auch den historischen Kontext und Informationen zur Person des Entdeckers und seines Navigators Visscher.

In seiner Einführung gibt der Journalist und Herausgeber Egon Larsen einen Abriss der europäischen Enddeckungsgeschichte bis zu dem Zeitpunkt, da die Holländer den europäischen Handel in Indonesien und Ostasien kontrollieren. Dann betritt mit dem Abschnitt „Tasman wird Seefahrer“ der Protagonist des Buches in den Mittelpunkt der Betrachtungen. In den historischen Quellen taucht Abel Janszoon Tasman erstmals 1631 im Amsterdamer Heiratsregister auf, als 28 jähriger Seemann. Sein weiterer Lebenslauf ergibt sich vor allem aus den Dienstakten der Vereinigten Ostindischen Kompagnie (V.O.C). Aufschluss über seinen Charakter und seine Persönlichkeit geben diese jedoch nur bedingt.

Die Ansprüche der Krämerseelen

Bevor der Leser in den Genuss der Lektüre von Tasmans Journal kommt, liefert Larsen interessante Informationen über die Hintergründe und Intention des Forschungsauftrags. Demnach schickten der Gouverneur van Diemen und die Ratsherren von Batavia den Seefahrer in Richtung Osten, in der Hoffnung, er würde bei seinen Erkundungen einen kurzen Seeweg zum „Goldland Chile“ finden. Die Herrschaften der V.O.C. hatten, wie die Auszüge aus den Instruktionen an Tasman zeigen, vor allem Interesse an der Entdeckung von >>reichhaltigen Minen mit Edel- und anderen Metallen sowie Naturschätzen aller Art …<<. Und sie formulierten die zuversichtliche Erwartung, das sich die Investitionen in die Expedition >> in Form von materiellem Gewinn und unsterblichen Ruhm bezahlt machen werde <<.

Kein Gewinn kein unsterblicher Ruhm

Der materielle Gewinn blieb aus und damit auch der erwartete unsterbliche Ruhm. Jedenfalls verschwanden, wie man heute sagen würde, die Ergebnisse der Expedition für lange Zeit in den Schubladen. Heute sind Tasmans Aufzeichnungen seiner ersten großen Expedition (die der Zweiten, wirtschaftlich ebenso erfolglos, sind verschollen) in verschiedener Hinsicht interessant und lesenswert. Das beginnt bereits mit der ungewöhnlichen Kurswahl. Statt nach Osten, segelte die aus zwei Schiffen (Heemskerk und Zeehaen) bestehende Flotte auf Anraten des Navigators Frans Jacobszoon Visscher zunächst nach Mauritius. Dieser einzige holländische Flottenstützpunkt im indischen Ozean lag immerhin rund 6.000 Kilometer in der falschen Richtung.

Tasman im Vergleich zu zeitgenössischen Kollegen

Wer den Reisebericht des Kapitäns Bontekoe gelesen hat, der 1619 auf seinem Weg nach Batavia Schiffbruch erlitten hatte, dem werden große Unterschiede im Duktus und Charakter der Seefahrer auffallen. Tasman bedient sich im Gegensatz zu Bontekoe einer klaren, unverschnörkelten Sprache, was allerdings auch der zweifachen Übersetzung geschuldet sein kann. Tasmaniens Journal ist mehrfach in englischer Übersetzung publiziert worden und eine dieser Übersetzungen hat Larsen für sein Buch ins Deutsche übertragen. Aussagekräftiger ist daher sicherlich die Tatsache, dass sich Tasman in seinen Ausführungen, an denen auch Visscher und der Kapitän der Zeehaen beteiligt waren, nicht sonderlich in den Vordergrund drängte. Während Bontekoe doch eine gewisse selbstgerechte Überheblichkeit durchscheinen lässt, präsentiert sich Tasman eher als Teamplayer. Das entspricht durchaus dem holländischen Brauch im 17. Jahrhundert, nicht dem kommandierenden Kapitän die absolute Befehlsgewalt zu überlassen, sondern Entscheidungen einem Beratungsgremium aus den Offizieren und Unteroffizieren (und bei Handelsschiffen dem jeweiligen Kaufmann beziehungsweise Vertreter der V.O.C.) unter dem Vorsitz des Kommandeurs zu überlassen.

Eine interessante Persönlichkeit

Bei Bontekoe führte das zu häufigen Unstimmigkeiten an Bord, bei der Tasmanexpedition ist davon nichts zu spüren. Dafür bekommt der Leser bei der Lektüre des Logbuchs einen hervorragenden Eindruck über die Bedingungen, Grundlagen und Gedankengänge, von denen die Entscheidungen geprägt wurden. Da spielten die Windverhältnisse eine ebenso große Rolle, wie das Verhalten der indigenen Bevölkerung deren Einschätzung alles andere als einfach war. Es ist eines der interessantesten und aufschlussreichsten Logbücher, das aus dieser Zeit erhalten ist und Tasman erscheint dabei als einer der fähigsten, umsichtigsten und verantwortungsvollsten, wenn auch aus Sicht der Auftraggeber erfolglosesten, Entdeckungsreisenden der frühen Neuzeit.

In seinem Nachwort geht Egon Larsen auf die Reaktion der V.O.C. auf die Ergebnisse der Expedition, auf die zweite Erkundungsfahrt im Auftrag der Kompagnie und auf das weitere Leben des Seefahrers bis zu seinem Tod 1659 in Batavia ein. Immerhin fand mit dem Eingang von Tasmans Entdeckungen in Bleus große Weltkarte von 1662 wenigstens eine gewisse Würdigung der Leistungen Tasmans statt. Die waren übrigens die kartographische Grundlage für seine berühmten Nachfolger des 18. Jahrhunderts, allen voran James Cook. Zum Abschluss seines Buches schildert Larsen schließlich in einem kurzen Abriss die Entwicklungen der von Tasman entdeckten Inseln und Gebiete sowie des niederländischen Indonesien bis in die heutige Zeit.

Egon Larsen (Hrsg,): Abel Janszoon Tasman. Die Entdeckung Neuseelands, Tasmaniens und der Tonga- und Fidschi-Inseln. Edition Erdmann 2012. Gebunden mit Schutzumschlag, 237 Seiten.

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