Mittwoch, 10. Mai 2017

Die Viermastbark Peking und das Deutsche Hafenmuseum in Hamburg

Börries von Notz (Mitte) vor der PEKING, Foto Victor Hugo
(Quelle: Pressemitteilung SHMH 10.05.2017) Voraussichtlich im Sommer 2017 startet die Überfahrt der PEKING aus den USA nach Deutschland, wo sie in einer Werft restauriert und als erstes und größtes Exponat für das zukünftige Deutsche Hafenmuseum in Hamburg vorbereitet wird. Börries von Notz, Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg, unter deren Ägide das Deutsche Hafenmuseum konzeptionell geplant und umgesetzt wird,  hat das Schiff vor seiner Überfahrt auf der Caddell-Werft in New Jersey besucht. Gemeinsam mit Jonathan Boulware, dem Executive Director des South Street Seaport Museum hat er den Zustand der PEKING inspiziert und schon einmal die Flagge des Deutschen Hafenmuseums gehisst.

Die Überführung der PEKING und seine Restaurierung ist der Finanzierung durch Mittel aus dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu verdanken. In dessen Sitzung vom 12. November 2015 wurden 120 Millionen Euro für die Errichtung eines Deutschen Hafenmuseums in Hamburg bewilligt. In dieser Summe enthalten sind bis zu 26 Millionen Euro für die Überführung und Sanierung der PEKING, wofür die Stiftung Hamburg Maritim gewonnen werden konnte. Mit der Entwicklung, der Errichtung und den Betrieb des Deutschen Hafenmuseums wurde die Stiftung Historische Museen Hamburg beauftragt, von der auch die inhaltliche Konzeption zur späteren Nutzung der PEKING im Kontext des Deutschen Hafenmuseums erarbeitet wird.

Die PEKING als Exponat für das Deutsche Hafenmuseum

Der Flying P-Liner PEKING, erbaut 1911 bei Blohm & Voss im Auftrag der Hamburger Ferdinand-Laeisz-Reederei, wird nach der Restaurierung als historisches Objekt einen wesentlichen Bestandteil des Deutschen Hafenmuseums bilden. Ziel ist es, die PEKING trotz der erforderlichen Restaurierungsarbeiten als Objekt möglichst authentisch zu belassen. Das Schiff soll in seiner beeindruckenden Größe mit einer Länge von 115 Metern und einer Breite von 14 Metern für Besucher aller Altersklassen erlebbar werden. Die Rekonstruktionen auf dem Schiff sollen sich auf die Kammern, das Kartenhaus und den Ruderstand auf dem Hauptdeck konzentrieren. In einem Raum auf dem Brückendeck soll zukünftig die Geschichte des Schiffes gezeigt werden. Umfangreichere Themen, die mit der Geschichte der PEKING unmittelbar verbunden sind, wie der Salpeterhandel, die Segelfrachtschifffahrt und ihre Bedeutung für die Gestaltung von Hafenanlagen, sollen vertiefend in der Ausstellung des Deutschen Hafenmuseums präsentiert werden. Ein wichtiges Kriterium für ein erfolgreiches Besuchererlebnis ist die Möglichkeit einer barrierefreien Zugänglichkeit. Dafür sollen die Treppen und Niedergänge vergrößert, aber auch ein Fahrstuhl integriert werden. Dieser Umbau soll optisch möglichst zurückhaltend erfolgen, um einen guten Kompromiss zwischen Originalbauzustand und heutigen Nutzungsanforderungen herzustellen.

Börries von Notz: „Die PEKING steht für Hamburg als eine Drehscheibe des weltweiten Warenhandels. Als ein Frachtsegler, der vom Stapel lief, als die Dampfschifffahrt schon in hoher Blüte stand, bildet dieser Schiffstyp den Gipfel einer jahrhundertelangen wenn nicht jahrtausendelangen Entwicklung. Mit nur 31 Mann Besatzung umsegelte die PEKING die Welt und transportierte insbesondere Salpeter von Südamerika nach Hamburg. Mit den Gewinnen aus diesem wirtschaftlich einträglichem Transport und Geschäft wurde letztlich das Chilehaus und das Kontorhausviertel finanziert, das mittlerweile zum Weltkulturerbe erklärt wurde.“

Geschichte und Fakten zur PEKING
Baujahr: 1910/11, Jungfernfahrt am 16. Mai 1911 nach Chile
Reederei: F. Laeisz, Hamburg
Werft: Blohm & Voss, Hamburg
Typ: Viermastbark; Rumpf, Masten und Rahen aus Stahl
Höchstgeschwindigkeit: 17 Knoten
Besatzung: 31 Mann (Frachtschiff), 74 Mann (Schulschiff)
Länge über alles: 115 m
Breite: 14,40 m
Tiefgang: 7,24 m
Segel: 32 mit ca. 4.600 qm Segelfläche und 350 Hissleinen
Ladekapazität: 5.300 t
Höhe Großmast: 54 m über Wasserlinie

Die Legendären Flying P-Liner

Die PEKING gehört zu den letzten großen Frachtseglern, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgrund ihrer Geschwindigkeit, Sicherheit und Präzision noch gegen Dampf- und Maschinenschiffe antreten konnte. Das stellte sie vor allem als Transportschiff für den damals stark nachgefragten Salpeter aus Chile unter Beweis. Salpeter (Natriumnitrat) aus der Atacamawüste wurde als Stickstoffdünger und bei der Schwarzpulverherstellung eingesetzt. Bis zur Eröffnung des Panamakanals 1914 war die Route trotz aller Unwägbarkeiten die günstigste Möglichkeit, von Europa zur Westküste Südamerikas zu gelangen. Und die Fahrt lohnte sich für den Reeder: Bei minimalen Verlustraten der sicheren P-Liner und enormen Gewinnen durch den Salpeterverkauf war das Risiko kalkulierbar. Die PEKING ist Teil der Flying P-Liner zu der auch die POMMERN (Jg. 1903, Museumsschiff vor Mariehamn/Finnland), die PASSAT (Jg. 1911, Museumsschiff vor Travemünde) und die KRUZENSHTERN ex PADUA (Jg. 1926, aktives russisches Segelschulschiff) gehören. Ihr Name geht wie der aller Schiffe der P-Liner-Klasse auf den „Pudel“ zurück. So lautete der Spitzname der – lockenköpfigen – Gattin des Reeders Carl Laeisz.

Das Schicksal der Peking

Der Erfolg der Flying P-Liner gründete außer auf dem perfekten Zusammenspiel der rund 30-köpfigen Mannschaft auch auf der verlässlichen Schnelligkeit der „fliegenden“ Segler. Die Effizienzsteigerung bei Dampf- und Maschinenschiffen läutete dann aber das Ende dieser Erfolgsgeschichte ein. Und die großen Salpeterfahrten wurden durch die Erfindung des künstlichen Düngers nach dem Ersten Weltkrieg und die Eröffnung des Panamakanals besiegelt. Nach 17 erfolgreichen Salpeterfahrten aus Chile unter sechs Kapitänen wurde die PEKING 1932 an die Shaftesbury Homes & Arethusa Training Ship Company verkauft, in ARETHUSA umbenannt und als Schul- und Internatsschiff auf dem River Medway östlich von London eingesetzt. 1975 wurde das Schiff versteigert und von amerikanischen Mäzenen, allen voran dem New Yorker Kaffeeimporteur Jack R. Aron, für 6,5 Millionen Dollar wiederhergestellt und am Haken eines holländischen Hochseeschleppers nach New York verbracht. Hier, auf dem East River zu Füßen der berühmten Brooklyn Bridge, lag der imposante Viermaster wieder unter seinem alten Namen und diente bis vor kurzem dem South Street Seaport Museum als Museumsschiff. Als ein solches ist sie vielen New Yorkern von Kindesbeinen an vertraut und hat auch bei vielen Touristen einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

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