Montag, 15. Juni 2015

Glaube, Seefahrt, Christentum



Religiöse Symbolik im maritimen Leben

Seit Menschengedenken ist die Seefahrt mit spirituellen und religiösen Aspekten verbunden. Und so ist es kein Wunder, dass sich auch in den christlich geprägten Kulturen die religiöse Symbolik im maritimen Leben niederschlug. Bis heute findet sich diese Symbolik in Begriffen und Institutionen der Seefahrt europäischer Tradition wieder. Das Buch „Glaube Seefahrt, Christentum“ thematisiert diese Aspekte.


Nach einer Einführung mit Beispielen von mythologisch/religiösen Seebezügen alter Kulturen sammelt Peter Gerds in seinem Buch zahlreiche Quellen, die einen Zusammenhang zwischen christlicher Symbolik und Maritimem herstellen. Da werden Bibeltexte zitiert, Heilige mit Bezug zu Schiffen und Meer aufgeführt, natürlich darf die Arche nicht fehlen und nicht zuletzt stöbert der Autor in Kirchen, auf Friedhöfen und anderen christlichen Institutionen sehr erfolgreich nach sichtbaren Verbindungen zur Welt der Seefahrt.

Eine Seefahrt unter dem Aspekt „christliche Werte“ ist nicht erkennbar

Eine ganze Reihe interessanter Informationen kommen auf diese Weise in dem Büchlein zusammen. So beispielsweise zu den Themen Gebete und Gottesdienste auf See, christliche Begriffe in der maritimen Welt oder unter dem Stichwort „Seemannsmission“ die Organisation gegenseitiger Unterstützung von Seeleuten. Wer allerdings nach einer nachvollziehbaren Definition einer Seefahrt, die sich aufgrund christlicher Werte von der Seefahrt anderer Kulturen unterscheidet, wird bei der Lektüre des Buches enttäuscht werden. Denn weder so etwas wie die Schiffs- oder Äquatortaufe, noch solidarische Zusammenschlüsse von Seefahrern, noch Dankgebete, Bordgottesdienste, Gelübde oder maritime Wallfahrten sind etwas spezifisch Christliches.

Nicht jedes christliche Symbol ist auch religiöser Natur

Tatsächlich fällt bei der Lektüre des Buches auf, dass sich sehr viel mehr maritime Symbolik in den Religionen findet, als - abgesehen von Begriffen - christliche Symbolik in der Seefahrt. Rituale wie Schiffs- und Äquatortaufen als christliche Symbolik zu werten ist sicherlich ebenso weit hergeholt, wie der Tatsache, dass Kirchtürme in der nordeuropäischen Küstenschifffahrt als willkommene Landmarken dienten, einen spezifischen christlichen Charakter zu verleihen. Keine Frage, das Minarett einer Moschee an der tunesischen Küste als Landmarke zu nutzen, macht aus einem Kreuzritter keinen Moslem.

Statt „religiöse Symbolik im maritimen Leben“ eher ein Buch über „maritime Symbolik im religiösen Leben“

Angesichts der Probleme, die die Seefahrt der vergangenen Jahrtausende mit sich brachte, versteht es sich von selbst, dass es auf See primär um pragmatische Fragen ging. Die mit der Seefahrt und ihren Protagonisten in Verbindung stehende religiöse Symbolik manifestierte sich vor allem an Land in Zusammenhang mit der Institution Kirche (Votivgaben, Inschriften auf Grabsteinen etc.) und den damit verbundenen gesellschaftlichen Zwängen. Dass genau das am Ende der Lektüre deutlich wird, ist möglicherweise nicht Absicht, aber dennoch ein Verdienst des Autors. Wer das Buch also unter dem Aspekt „maritime Symbolik im religiösen Leben“ liest, ist damit durchaus gut bedient.

Peter Gerds: Glaube, Seefahrt, Christentum. Religiöse Symbolik im maritimen Leben. Hinstorff 2009, Taschenbuch, 111 Seiten.

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